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Repair-Café „Flickstuff“ Prüm in Wawern

Von Axel Goldmann 22. September 2021

Durch das Hochwasser vom Juli wurden die Räumlichkeiten im Haus der Jugend in Prüm beschädigt und werden auch in den kommenden Wochen nicht nutzbar sein. Das Haus der Jugend ist auch der Ort, an dem regelmäßig das Repair-Cafe „Flickstuff“ stattfindet.

Überprüfung und Reparatur der eigenen Hochwasserschäden an Geräten im Haus der Jugend am 4. September 2021

Die Corona-Situation hatte bereits zu einer Zwangspause des Repair-Cafes geführt. Die Hochwasserfolgen drohten nun den geplanten Neustart zu verhindern. Zwei Wawerner sind in der Flickstuff aktiv, was lag da näher, als die Aktion vorübergehend nach Wawern ins Gemeindehaus zu verlegen.

Das nächste Repair-Café findet am 9. Oktober 2021 von 10-13 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus in Wawern statt!
Hier können Geräte repariert, Bekleidung geflickt und verschiedene andere Dinge wieder benutzbar gemacht werden. Der Arbeitseinsatz erfolgt ehrenamtlich, evt. erforderliches Material ist u. U. kostenpflichtig.
Weiteres hier https://www.facebook.com/flickstuffpruem/

Hintergrundinformation zum Gedanken des Repair-Cafes

EOL – und was kommt danach?

EOL bedeutet End of Life und bezeichnet das Ende eines Produkt- oder Supportzyklus. Allgemein hat jedes Produkt irgendwann seine Nutzungsdauer erreicht und ist nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt zu gebrauchen. Dies kann durch Verschleiß verursacht sein, durch Defekt oder auch dadurch, dass das Produkt veraltet ist und damit nicht mehr attraktiv.

Wird das Produkt als Müll einer Endlagerung angedient (evtl. mit vorheriger Konditionierung), ist das die schlechteste Lösung, da damit Werte vernichtet werden, Abfall entsteht und eine Neuanschaffung nötig wird.

Alternativ gibt es folgende Möglichkeiten:
1) das Produkt wird repariert (im Fall von Defekt oder Verschleiß) und weiterverwendet
Beispiel: der defekte Motor eines Auto wird ersetzt.
2) das Produkt wird „refurbished“, d.h. Teile werden durch bessere ersetzt, um es wieder auf den Stand der Technik zu bringen
Beispiel: Ein altes Notebook wird mit dem Austausch der Festplatte durch eine schnelle SSD wieder gut benutzbar.
3) das Produkt wird umgenutzt, d.h. es wird nach seiner eigentlichen Verwendung für eine andere Verwendung weitergenutzt.
Beispiel: Eine Konservenbüchse, die zuerst als Verpackung diente, wird danach als Regenschutz über einen Holzpfahl gestülpt, um diesen vor Verrottung zu schützen. Der Kauf eines speziellen Pfahlschutzes ist nicht mehr notwendig.
4) das Produkt wird „recycled“, d.h. alle Rohstoffe werden aus dem Produkt entnommen und wiederverwertet.
Beispiel: Die Metallteile eines Elektromotors (Kupfer, Aluminium und Eisen) werden der Wiederverwertung zugeführt.
5) das Produkt wird teilrecycled, d.h. einige Rohstoffe können einer stofflichen Weiterverwertung zugeführt werden, der Rest wird entsorgt oder der thermischen Wiederverwendung zugeführt.
Beispiel: Der Kronkorken einer (Bier-)Flasche besteht aus Metall und Kunststoff. Beide Teile sind miteinander so verbunden, dass sie nicht ohne weiteres getrennt werden können.

Die Rangfolge der obigen Auflistung ist auch gleichzeitig eine Bewertung unter Nachhaltigkeitsaspekten. 1) ist die beste Lösung und die anderen immer schlechter. Die schlechteste ist dann die anfangs erwähnte reine Entsorgung im Restmüll.

Bemerkung zu 4) und 5)
Recycling ist allerdings kein Allheilmittel, denn bei der Produktion von Geräten wird neben den Rohstoffen auch menschliche Arbeit und Energie für Herstellung und Transport benötigt. Diese beiden nichtstofflichen Beiträge gehen beim Recycling verloren, da nützt auch das beste Rohstoffrecycling nichts.
Von daher ist Recycling nur die Ultima Ratio, wenn nichts mehr anderes geht. Leider wird dieser Gedanke nicht gedacht und man spricht von Kreislaufwirtschaft. Dies trifft aber bestenfalls auf die Materialen zu, nicht jedoch auf die oben erwähnten anderen Resourcen. Dass Energieverbrauch i.d.R. klimaschädigend ist, braucht wohl nicht erwähnt zu werden.
Immerhin entsteht dadurch eine gewisse Abfallvermeidung, das ist immer gut, denn Entsorgung braucht neben Deponieplatz auch Energie zum Transport und zur Konditionierung.

Zu 3)
Die Umnutzung ist sehr gut, denn es wird ohne weiteren Aufwand eine Verlängerung der Lebensdauer des Produkt erreicht, Müll wird vermieden, Neuanschaffungen ebenso. Die Verhälnismäßigkeit muß allerdings gewahrt beiben. Es ist sicher nicht besonders nachhaltig, wenn ein vormals mit riesigem Aufwand hergestelltes Produkt dann ein sehr einfaches, unaufwendiges Produkt ersetzt.

Zu 1) und 2)
Der Ansatz, Produkte zu erhalten, geht weit über das Recycling hinaus. Er versucht mit geringem Aufwand die Nutzungsdauer zu verlängern und spart damit Rohstoffe, menschliche Resourcen und jede Menge Energie. Mit letzterem wird dann auch zum Klimaschutz beigetragen.

Nun gibt es leider das Problem, dass in hochindustrialisierten Ländern die Stundensätze für entsprechendes Reparaturpersonal sehr hoch ist und eine lebensdauerverlängernde Reparatur oft sehr teuer ist und den Preis für den Neukauf des Gerätes übersteigt. Dies macht den eigentlich guten Ansatz des Reparierens unwirtschaftlich und damit unattraktiv.

An dieser Stelle setzt das Repaircafe an, das mit ehrenamtlich engagierten Helfern Produkte repariert. Da hier keine Lohnkosten anfallen, sind Produkte oft mit ein paar Cent oder Euro wieder gebrauchsfähig zu machen.

Daneben ist ein weiterer wichtiger Gedanke des Repair-Cafes, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, also fachliche Unterstützung, weitergehende Hilfen oder grundlegende Techniken zu vermitteln. Nicht zuletzt ist natürlich auch das gemeinsame tüfteln und basteln ein schönes Erlebnis zwischen Helfern und Hilfesuchenden.